Um nochmal die Sachlage zu verdeutlichen, sei empfohlen, einfach einmal die Bestsellersektion einer Direktverkaufsplattform aus Fernost (etwa [0]) aufzurufen und sich die die Handys dort anzuschauen. Drei der vier Geräte, die sich vorhin dort fanden ([1], [2], [3]) sind offenbar bereits inklusive Versand aus China für um die $25 zu haben (die ließen sich wegen des geringen Wertes sogar leicht zoll- und einfuhrumsatzsteuerfrei importieren). Zwar handelt es sich softwaretechnisch nicht wirklich um Smartphones, jedoch sieht man anhand der Ausstattung (3,2-Zoll-Touchdisplay, zwei SIM-Slots), wie wenig die Hardware im Grunde kostet.
Dass smartphonetaugliche Hardware auch nicht viel teurer wäre, lässt sich auch leicht einsehen. Vor vielleicht einem halben Jahr bekam man geeignete SoCs wie den Allwinner A10 für $5 bis $10 (nachzulesen etwa bei [4]). Kleine Heim-Mediabox-Computer mit diesem Chip nebst ein bisschen RAM und Flash-Speicher in der Größenordnung, wie man sie in eReadern findet, oder besser, gibt es auch für unter $35 (beispielsweise [5]). Heute würde man für denselben Preis mit Sicherheit auch einen Dual-Core-Prozessor bekommen.
Auf dieser Seite war zudem zu lesen, dass die Herstellungskosten eines Kindle 4 im Jahre 2011 auf etwa $84 geschätzt wurden (siehe [6]), wobei auf den Zusammenbau nicht mal $6 entfielen. Schaut man sich den Verkaufspreis des Pyrus mini an und geht davon aus, dass die kompaktere Bauweise lediglich zu Materialeinsparungen führen konnte, so wäre selbst bei ähnlichen Personalkosten fürs Zusammensetzen deren Anteil an den gesamten Produktkosten noch immer unter zehn Prozent.
Angesichts dieser Zahlen sollte es im Jahre 2013 also überhaupt kein Problem sein, ein Top-Smartphone in der Größe des Pyrus Mini für unter $100 zu bauen. Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen zu Nieriglöhnen gehören dann natürlich noch abgestellt. Also nochmal 50 Euro draufpacken. Über den zehnfachen Lohn, den man damit auszahlen könnte, würden sich die Arbeiter bestimmt freuen. Wobei man andererseits auch nochmal nachfragen kann, wie hoch denn die derzeitigen Materialkosten tatsächlich sind. Immerhin scheint man den Raspberry Pi ja inzwischen sogar in Großbritannien kostendeckend produzieren zu können.
Unterm Strich kann man sich über die derzeitige Marktlage in Europa jedenfalls eigentlich nur aufregen.
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