Marrella
Fossil
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, bin ich ein Fan von Zeitreisegeschichten. Ich kann nicht sagen, wann genau diese Leidenschaft begonnen hat, aber Connie Willis dürfte zumindest nicht völlig unschuldig daran sein. Sie hat vier Romane über Historiker an der Universität Oxford geschrieben, die in die Vergangenheit reisen, um Geschichte \"live\" zu erleben. Feldforschung der besonderen Art sozusagen. Doomsday Book (Die Jahre des Schwarzen Todes) und To Say Nothing of the Dog (Die Farben der Zeit) stehen jeweils für sich allein, Blackout und All Clear ist hingegen ein einziger Roman, der so umfangreich ist, dass er in zwei Teilen veröffentlicht wurde. Jede dieser drei Geschichten hat ihre eigenen Protagonisten, lediglich der Rahmen ist derselbe. Die einzige Figur, der wir in allen Büchern begegnen, ist James Dunworthy, der Leiter des Zeitreise-Instituts, der - wie wir in Blackout/All Clear erfahren - in seiner Jugend selbst in der Zeit gereist ist, und zwar zu Zeitpunkten und Orten, die inzwischen wegen der damit verbundenen Gefahren für alle im Institut angestellten Historiker mehr oder weniger tabu sind.
Blackout beginnt damit, dass Mr Dunworthy aus nicht nachvollziehbaren Gründen sämtliche Zeitpläne, nach denen die Historiker ihre Aufträge erledigen sollen, über den Haufen wirft. Freunde macht er sich damit nicht: Michael Davis zum Beispiel ist nicht eben begeistert, dass er statt Pearl Harbour plötzlich zuerst die Evakuierung von Dünkirchen beobachten soll, er hat nämlich ein gerade ein Implantat erhalten, das dafür sorgen soll, dass er mit amerikanischem Akzent spricht, was er in England im Jahr 1940 überhaupt nicht brauchen kann. Andere Historiker wie Polly Churchill, die während des Blitzkrieges in einem Londoner Kaufhaus als Verkäuferin arbeiten soll, hat lediglich ein Problem damit, die richtige Kleidung aufzutreiben.
Blackout/All Clear ist nach Connie Willis\' eigenen Worten kein Buch über Helden, wie man sie üblicherweise erwartet, sondern ein Buch über Menschen, die in ihrem täglichen Leben unvermittelt aufgrund der Umstände zu Helden werden. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, viele Geschichten drehen sich um Helden, die eigentlich Antihelden sind. Hier geht es jedoch vor allem um die vielen Frauen, die nicht an der Front gekämpft, aber trotzdem ihr Teil beigetragen haben und die man zu oft vergisst zu erwähnen.
Im Mittelpunkt der Erzählung stehen drei Historiker, die der Leser auf ihren Expeditionen begleitet: Michael Davis, der von weitem die Evakuierung von Dünkirchen beobachten soll und mitten ins Geschehen gerät, Polly Churchill, die als Polly Sebastian am Leben der Londoner im Blitzkrieg teilnimmt und Merope Ward, die gerade ihren allerersten Auftrag ausführt und unter der Identität des irischen Kindermädchens Eileen O\'Reilly auf einem Landsitz eine Schar Kinder betreut, die aus London evakuiert wurden.
Während für Polly und Eileen zunächst alles mehr oder weniger nach Plan verläuft, abgesehen davon, dass Polly vier Tage später als ihre programmierte Ankunftszeit in London eintrifft, hat Mike von Anfang an größere Probleme. Doch auch Polly und Eileen müssen bald feststellen, dass das \"Netz\" sich für sie am festgelegten Ort nicht mehr öffnet, als sie in ihre eigene Zeit zurückkehren wollen, um Bericht zu erstatten.
Willis hat für ihre Welt ein paar Regeln festgelegt, die für alle Geschichten im Zeitreise-Universum gelten: 1. Die Vergangenheit kann von Historikern nicht verändert werden. Sollten diese es dennoch versuchen, findet das Raum-Zeit-Gefüge Möglichkeiten, dies zu verhindern, z. B. indem es bestimmte Ereignisse und Orte von vornherein gegen Besuche abschottet. 2. Es kann nichts aus der Vergangenheit durch das Netz in die Gegenwart transportiert werden. 3. Kein Historiker kann dieselbe Zeit ein zweites Mal besuchen, d. h. niemand kann sich selbst begegnen, weil ihn dies sofort umbringen würde.
Der weitaus größte Teil von Blackout/All Clear spielt im Blitzkrieg im Jahr 1940, daneben wird immer mal wieder die Roman-Gegenwart des Jahres 2060 in Oxford eingeblendet. Zwischendurch sind Kapitel eingestreut, die 1943, 1944 und 1945 spielen und die mich beim ersten Lesen anfangs etwas verwirrt haben, bis ich dahinter gekommen bin, was sich dort abspielt und wozu sie dienen. (Ein aufmerksamerer Leser versteht wahrscheinlich sofort, worum es geht, ich komme aber z. B. auch bei Krimis selten bis nie darauf, wer der Mörder ist.)
Connie Willis gehört zu meinen Lieblingsautor(inn)en, weil sie es immer wieder schafft, dreidimensionale Figuren zu kreieren, mit denen ich als Leserin gerne meine Zeit verbringe. Außerdem findet man in ihren Büchern stets einen feinen Humor, auch wenn es um so ernste Themen wie den 2. Weltkrieg oder Europa in der Zeit der großen Pestepidemie geht (Die Jahre des Schwarzen Todes). Ihre Bücher gehören zu denen, die einen permanenten Platz in meiner Bibliothek haben und die ich inzwischen in mehr als einem Format besitze.
Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass der Rahmen \"Zeitreisen\" hier mehr oder weniger als Vehikel dient, um die Historiker dorthin zu bringen, wo die Autorin sie haben möchte. Wie das Ganze technisch funktioniert, interessiert dabei nicht, und das ist gut so. Das ist auch der Grund, warum diese Bücher sich streckenweise wie historische Romane lesen, abgesehen davon, dass die Hauptfiguren über Informationen verfügen, die den \"Einheimischen\" nicht zugänglich sind. Trotzdem müssen sie sich mit den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit, in der sie sich gerade befinden, begnügen, denn sie sollen ja nicht auffallen, nur beobachten... Aber wie war das noch gleich mit der Aussage, dass man nichts beobachten kann, ohne es gleichzeitig auch zu verändern? Wissen sie tatsächlich, wie die die ganze Sache ausgehen wird oder haben sie den Einheimischen irgendwann doch nichts mehr voraus?
Blackout beginnt damit, dass Mr Dunworthy aus nicht nachvollziehbaren Gründen sämtliche Zeitpläne, nach denen die Historiker ihre Aufträge erledigen sollen, über den Haufen wirft. Freunde macht er sich damit nicht: Michael Davis zum Beispiel ist nicht eben begeistert, dass er statt Pearl Harbour plötzlich zuerst die Evakuierung von Dünkirchen beobachten soll, er hat nämlich ein gerade ein Implantat erhalten, das dafür sorgen soll, dass er mit amerikanischem Akzent spricht, was er in England im Jahr 1940 überhaupt nicht brauchen kann. Andere Historiker wie Polly Churchill, die während des Blitzkrieges in einem Londoner Kaufhaus als Verkäuferin arbeiten soll, hat lediglich ein Problem damit, die richtige Kleidung aufzutreiben.
Blackout/All Clear ist nach Connie Willis\' eigenen Worten kein Buch über Helden, wie man sie üblicherweise erwartet, sondern ein Buch über Menschen, die in ihrem täglichen Leben unvermittelt aufgrund der Umstände zu Helden werden. Das ist an sich nicht ungewöhnlich, viele Geschichten drehen sich um Helden, die eigentlich Antihelden sind. Hier geht es jedoch vor allem um die vielen Frauen, die nicht an der Front gekämpft, aber trotzdem ihr Teil beigetragen haben und die man zu oft vergisst zu erwähnen.
Im Mittelpunkt der Erzählung stehen drei Historiker, die der Leser auf ihren Expeditionen begleitet: Michael Davis, der von weitem die Evakuierung von Dünkirchen beobachten soll und mitten ins Geschehen gerät, Polly Churchill, die als Polly Sebastian am Leben der Londoner im Blitzkrieg teilnimmt und Merope Ward, die gerade ihren allerersten Auftrag ausführt und unter der Identität des irischen Kindermädchens Eileen O\'Reilly auf einem Landsitz eine Schar Kinder betreut, die aus London evakuiert wurden.
Während für Polly und Eileen zunächst alles mehr oder weniger nach Plan verläuft, abgesehen davon, dass Polly vier Tage später als ihre programmierte Ankunftszeit in London eintrifft, hat Mike von Anfang an größere Probleme. Doch auch Polly und Eileen müssen bald feststellen, dass das \"Netz\" sich für sie am festgelegten Ort nicht mehr öffnet, als sie in ihre eigene Zeit zurückkehren wollen, um Bericht zu erstatten.
Willis hat für ihre Welt ein paar Regeln festgelegt, die für alle Geschichten im Zeitreise-Universum gelten: 1. Die Vergangenheit kann von Historikern nicht verändert werden. Sollten diese es dennoch versuchen, findet das Raum-Zeit-Gefüge Möglichkeiten, dies zu verhindern, z. B. indem es bestimmte Ereignisse und Orte von vornherein gegen Besuche abschottet. 2. Es kann nichts aus der Vergangenheit durch das Netz in die Gegenwart transportiert werden. 3. Kein Historiker kann dieselbe Zeit ein zweites Mal besuchen, d. h. niemand kann sich selbst begegnen, weil ihn dies sofort umbringen würde.
Der weitaus größte Teil von Blackout/All Clear spielt im Blitzkrieg im Jahr 1940, daneben wird immer mal wieder die Roman-Gegenwart des Jahres 2060 in Oxford eingeblendet. Zwischendurch sind Kapitel eingestreut, die 1943, 1944 und 1945 spielen und die mich beim ersten Lesen anfangs etwas verwirrt haben, bis ich dahinter gekommen bin, was sich dort abspielt und wozu sie dienen. (Ein aufmerksamerer Leser versteht wahrscheinlich sofort, worum es geht, ich komme aber z. B. auch bei Krimis selten bis nie darauf, wer der Mörder ist.)
Connie Willis gehört zu meinen Lieblingsautor(inn)en, weil sie es immer wieder schafft, dreidimensionale Figuren zu kreieren, mit denen ich als Leserin gerne meine Zeit verbringe. Außerdem findet man in ihren Büchern stets einen feinen Humor, auch wenn es um so ernste Themen wie den 2. Weltkrieg oder Europa in der Zeit der großen Pestepidemie geht (Die Jahre des Schwarzen Todes). Ihre Bücher gehören zu denen, die einen permanenten Platz in meiner Bibliothek haben und die ich inzwischen in mehr als einem Format besitze.
Ich sollte vielleicht noch erwähnen, dass der Rahmen \"Zeitreisen\" hier mehr oder weniger als Vehikel dient, um die Historiker dorthin zu bringen, wo die Autorin sie haben möchte. Wie das Ganze technisch funktioniert, interessiert dabei nicht, und das ist gut so. Das ist auch der Grund, warum diese Bücher sich streckenweise wie historische Romane lesen, abgesehen davon, dass die Hauptfiguren über Informationen verfügen, die den \"Einheimischen\" nicht zugänglich sind. Trotzdem müssen sie sich mit den technischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit, in der sie sich gerade befinden, begnügen, denn sie sollen ja nicht auffallen, nur beobachten... Aber wie war das noch gleich mit der Aussage, dass man nichts beobachten kann, ohne es gleichzeitig auch zu verändern? Wissen sie tatsächlich, wie die die ganze Sache ausgehen wird oder haben sie den Einheimischen irgendwann doch nichts mehr voraus?