Lara Kessing
New member
Hallo ihr Lieben,
dann möchte ich auch mal die Möglichkeit nutzen, meine Dystopie hier vorzustellen.
Sorijas Welt ändert sich von einem Tag auf den anderen. Ein zerstörerischer Hagelsturm wütet in Fella und sorgt dafür, dass die Senk, eine Gruppe gewaltbereiter Fella-Bürger, die Kontrolle übernehmen. Während Sorija um ihr Überleben kämpft, unterläuft ihr ein gravierender Fehler und sie hat nur einen Versuch, diesen Fehler wiedergutzumachen. Die Fähigkeit, zu unterscheiden wer Freund und wer Feind ist, wird überlebenswichtig.
Schnell wird klar: Die Senk bleiben dabei nicht ihre einzigen Feinde und die Liebe wartet nicht auf einen günstigen Zeitpunkt. Um ihr Ziel zu erreichen, muss Sorija die Rolle ihres Lebens spielen.
Spiel zum Buch mit spannenden Aufgaben, bei dem man am Ende eine XXL-Leseprobe erhält:
Lesermeinungen zum Buch:
Leserunde auf Lovelybooks.de
Leseprobe:
Kapitel 1 - Der Tag des großen Unwetters
Der Wind zerrte wild an ihren langen, nussbraunen Haaren, während ein ungutes Gefühl sie zur Eile trieb. Sorija spürte, dass es dieses Mal anders war, ernster. Es waren aber nicht die vielen Unwetterwarnungen, die aus sämtlichen Fernsehern und Radios plärrten und auch nicht die Tatsache, dass die Geschäfte und Schulen in ganz Fella seit zwei Tagen geschlossen waren. Die Unwetter hatten Fella in den letzten Monaten regelmäßig außer Gefecht gesetzt. Zu Beginn war es noch etwas Erschreckendes und Besonderes gewesen, doch inzwischen hatten sich die Leute sogar irgendwie daran gewöhnt, sich für mehrere Tage in ihren Häusern zu verbarrikadieren. Mittlerweile hatten sie Tricks und Kniffe gefunden, um ihr Hab und Gut vor den Launen der Natur zu schützen, und gelernt, wann sie sich auf die Straße wagen durften und wann nicht.
Dass für den Abend wieder eine Unwetterwarnung ausgesprochen wurde, hatte Sorija nicht in Angst versetzt. Es war der Wind, der jeden ihrer Schritte unruhiger machte. Er zerrte an ihr, als würde er eine persönliche Rechnung begleichen und bäumte sich auf wie ein wildes Tier.
Einige Wissenschaftler suchten fieberhaft nach dem Grund für das seltsame Verhalten der Natur, andere rätselten nicht lange und sprachen das aus, was insgeheim alle dachten. Die Natur nahm Rache an der Menschheit. Oft genug hatte sie davor gewarnt sie auszubeuten, doch der Mensch nahm keine Rücksicht.
Sorija schob den Gedanken beiseite und begann zu rennen, als der Wind immer aggressiver wurde und sie mit einer unerwarteten Kraft nach Hause schob. Sobald ihr Wohnhaus endlich in Sichtweite kam, keimte Hoffnung in ihr auf, dass sie es schaffen könnte, ohne vom Wind niedergerungen zu werden. In den letzten Schritten beschleunigte sie ihr Tempo abermals und drückte die Tür zum Hausflur schließlich mit letzter Kraft zu.
»Ist das nicht ein scheußliches Wetter?« Krisa, die älteste Mieterin im Haus, grinste vom Treppenabsatz zu ihr herunter, als hätte sie sich nicht gerade über das Wetter beschwert, sondern ein süßes Kätzchen entdeckt. Nichts schien ihr die Laune verderben zu können. Die alte Dame hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, auf ihrem Klappstuhl sitzend, die Mieter im Hausflur zu begrüßen. Bei gutem Wetter saß sie auch direkt vor dem Wohnhaus, doch ihr Klappstuhl hatte schon lange keine Sonne mehr gesehen.
»Hallo, Krisa. Wie geht es dir?« Sorija richtete sich die zerzausten Haare und stieg die Treppe hoch. Sie hatte noch immer das Gefühl, vom Wind geschoben zu werden und musste sich am Geländer festhalten, um nicht zu stolpern. Ihre Beine mussten sich erst wieder daran gewöhnen, die Kontrolle zu haben.
»Ich würde ja gerne sagen, dass es mir gut geht, aber das wäre eine Lüge. Der Wind weint.« Sie hob den Finger, um Sorija auf das furchtbare Pfeifen aufmerksam zu machen. »Irgendetwas Schreckliches wird passieren.«
Dann ist der Wind aber eine ganz schöne Memme, weint in letzter Zeit ziemlich oft, dachte Sorija, sagte jedoch: »Mach dir nicht so viele Sorgen. Es ist sicher nur eine Phase.«
»Hoffen wir, dass deine Worte erhört werden.«
Sorija lächelte. »Bestimmt. Schönen Abend noch«, verabschiedete sie sich und stieg weiter die Treppen hinauf, bis zum dritten Stockwerk. Kaum hatte Sorija die Wohnungstür aufgeschlossen, stürmte ihre Mutter auf sie zu. »Gott sei Dank, wenigstens du bist schon wieder da.« Sie schloss Sorija in die Arme. »Ich hätte euch niemals losgeschickt, wenn ich geahnt hätte, dass es jetzt schon anfängt. Normalerweise beginnt es erst später am Abend.«
Sorija befreite sich aus der Umarmung. »Mach dir doch keine Sorgen. Es ist nur ein bisschen Wind.« Die Untertreibung fand sie selbst lächerlich, bemühte sich jedoch, es glaubhaft herüberzubringen. Ihre Mutter sollte sich nicht unnötig Sorgen machen, besonders da ihre Brüder scheinbar noch nicht zurück waren.
Ihre Mutter sah sie ernst an. »Nur ein bisschen Wind? Der ist so stark, dass er irgendetwas losreißen kann. Wenn das gegen deinen Kopf prallt, sagst du so etwas nicht mehr. Dann sagst du nämlich gar nichts mehr.«
»Hat er aber nicht. Kam mir eher vor, als wolle er mich unbedingt von der Straße haben, so wie der geschoben hat.«
Ihre Mutter biss die Zähne zusammen und begann ihre Hände zu kneten. »Wir erreichen deine Brüder nicht. Ich hoffe, sie sind klug genug, einfach zurückzukehren.« Ihr sorgenvoller Blick glitt zum Fenster. Der Wind schien sich dagegenzustemmen, nicht einmal er wollte bei dem Wetter draußen bleiben. Dann wandte sie sich wieder an Sorija. »Hast du die Batterien?«
»Wäre ja noch schöner, wenn ich den Weg umsonst gegangen wäre.« Grummelig drückte sie ihrer Mutter die Batterien in die Hände.
»Ich weiß, es war dumm, dich jetzt noch hinauszuschicken, aber wenn wir wieder einen Stromausfall haben, wirst du froh sein, dass wir Batterien für die Taschenlampen haben. Wer von uns hat denn am meisten Angst vor der Dunkelheit?«
»Ja, ja«, unterbrach Sorija sie hastig. Sie hasste es, wenn ihre Familie auf ihrer Angst vor der Dunkelheit herumritt, oder auf einer ihrer vielen anderen Ängste. »Es ist super, dass wir wieder welche haben, es wäre nur schöner gewesen, wenn wir daran gedacht hätten, sie im Laden zu kaufen, als die Geschäfte noch offen hatten. Das nächste Mal möchte ich keine Weltreise unternehmen, um bei deiner Freundin Batterien zu schnorren.«
»Das ist doch kein Schnorren, das ist ein Geben und Nehmen. Ich habe ihr erst vor zwei Wochen eine dieser stabilen Taschenlampen geschenkt. Sie hat sich sehr darüber gefreut, denn die waren überall ausverkauft. Nun sei nicht mehr so grummelig. Es tut uns wirklich sehr leid, aber wir haben nicht erwartet, dass es so früh anfängt. Das nächste Mal werden wir früher an solche Sachen denken, versprochen.«
Sorija ließ sich auf das Sofa fallen und schälte sich aus ihrer Jacke. »Es tut mir leid, ich weiß auch nicht, was heute mit mir los ist.« Sie sah, wie der Wind erbarmungslos Blätter und Dreck gegen die Fensterscheibe schleuderte. Die Unruhe hatte noch nicht von ihr abgelassen, im Gegenteil, sie wuchs mit jeder Minute. Irgendetwas war dieses Mal anders, selbst der Wind kam ihr panisch vor.
»Du bist so eine Memme«, meldete sich ihre kleine Schwester zu Wort. »Ich würde sehr gerne rausgehen, aber diese Tyrannen lassen mich ja nicht.«
»Mirina! Pass auf, wen du hier Tyrann nennst«, schalt ihr Vater sie. »Diese Tyrannen ernähren dich. Los kommt an den Tisch, das Essen ist fertig.«
»Es gibt Spaghetti. Die magst du doch, Miri«, verkündete ihre Mutter mit einer Engelsgeduld.
»Was willst du denn draußen?«, fragte Sorija genervt. Auf die Zickereien ihrer Schwester hatte sie eigentlich keine Lust, aber der Wunsch, bei diesem Wetter rauszugehen, war selbst für Mirina zu verrückt, so dass sie einfach nachfragen musste.
Die Familie versammelte sich am Tisch, doch zwei Plätze blieben leer.
»Nicht jeder ist so ein Schisser wie du. Es gibt auch Leute, die sich trauen mit Menschen zu reden, und dann bekommt man Freunde und die will man besuchen.«
»Mirina, es reicht! Bei deinem heutigen Benehmen dürftest du auch bei Sonnenschein nicht zu deiner Freundin und jetzt will ich keinen Ton mehr hören. Draußen ist es zu gefährlich, du bleibst hier! Jetzt iss endlich«, sagte ihr Vater in einem Ton, der keine Widerrede duldete.
Jeder normale Mensch hätte verstanden, dass es ein endgültiges Wort war, aber nicht Mirina. »Papi, bitte nur kurz. Solange es noch nicht schlimm ist.« Sie setzte ihren Hundeblick auf und sah dabei eher aus wie ein tollwütiges Kaninchen.
»Solange es noch nicht schlimm ist? Du hast doch mitbekommen, dass wir deine Brüder nicht erreichen können. Irgendetwas ist mit dem Handynetz und du hast gehört, dass Sorija fast nach Hause geweht wurde.«
»Sorija ist doch ein Angsthase. Man muss sie nur anpusten und schon glaubt sie, der Wind will sie verprügeln.«
Sorija öffnete den Mund, doch ihre Mutter kam ihr zuvor. »Mirina, es reicht! Ich weiß, dass du enttäuscht bist, aber lass deine Launen nicht an uns aus. Sorija war so mutig, rauszugehen und uns die Batterien für die Taschenlampen zu besorgen. Dafür solltest du ihr dankbar sein. Wegen ihr werden wir nicht im Dunklen sitzen.«
Die Worte schienen an Mirina abzuprallen. »Als sie losgegangen ist, war es noch nicht windig, sonst wäre sie hiergeblieben. Dabei ist gar nichts mutig.«
Ihre Mutter atmete tief durch und schaffte es tatsächlich, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Wenn es schon so windig gewesen wäre, hätten wir sie gar nicht losgeschickt. Dass sie nicht losgegangen wäre, glaube ich auch, aber das ist nichts, worüber du dich lustig machen solltest, denn es ist sehr vernünftig von ihr.« Sie jagte ihre Gabel in die Nudeln. »Jetzt iss endlich!«
Aus Protest schlürfte Mirina die Spaghetti in sich hinein und schmatzte genüsslich. Ihre Eltern taten so, als würde es ihnen nichts ausmachen, doch Sorija hätte der Zehnjährigen am liebsten die Spaghettischüssel auf den Kopf gekippt.
Verwöhntes Gör!
»Miri, wir backen nach dem Essen zusammen einen Kuchen, was hältst du davon?«, fragte ihre Mutter etwas versöhnlicher und Sorija dankte ihr innerlich. Backen war das Einzige, das Mirina zum Schweigen brachte.
Mirina verstummte einen Augenblick, bevor sie ihr Schmatz- und Schlürfkonzert in gestiegener Lautstärke fortsetzte. Resigniert schlang Sorija ihr Essen hinunter, um sich schnellstmöglich in ihr Zimmer zu verziehen.
Voller Vorfreude setzte sie sich an ihren Computer, denn sie hatte sehr wohl Freunde, nur wohnten sie zufällig in einem der anderen vier Sektoren, in die Fella unterteilt war. Mirina hatte keine Ahnung! Sorija konnte nichts dafür, dass sie niemanden in der Schule fand, der auf ihrer Wellenlänge war. Ihre Schüchternheit spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Sie war sich sicher, dass sie die Schüchternheit überwinden könnte, wenn es jemanden gäbe, der zu ihr passen würde.
Erleichtert stellte sie fest, dass alle drei online waren. Als ihr Vater sagte, dass etwas mit dem Handynetz nicht stimmte, hatte sie schon befürchtet, dass auch das Internet betroffen sein könnte, doch dies war offensichtlich nicht der Fall. Lix aus Sektor Vier und Lio und Sana aus Sektor Zwei schienen schon eine Weile miteinander zu schreiben. Sie mussten ja auch keine Batterien besorgen, dachte sie grimmig. Allerdings kannten auch die drei nur ein Thema: Das seltsame Wetter. Sorija begrüßte sie, verlor jedoch schnell das Interesse am Gespräch. Sie sehnte sich nach Ablenkung, traute sich aber nicht, ein anderes Thema vorzuschlagen, weil die drei sie sicher für unhöflich halten würden.
*Lio: Verdammt, seht mal aus dem Fenster.
Sie tat es und bereute es sofort. Der Himmel war pechschwarz, dabei war es noch gar nicht so spät. Zuvor war ihr nicht aufgefallen, wie dunkel es um sie herum geworden war. Es musste in den letzten Minuten geschehen sein.
*Lix: So einen Hagel habe ich im Leben noch nicht gesehen.
*Sana: Hagel?
*Lio: Wir haben hier in 2 keinen Hagel. Es ist nur dunkel und total windig.
*Sorija: Hier in 1 auch.
*Sana: Was ist denn mit dem Hagel?
*Lio: Das würde mich auch interessieren.
*Sorija: Lix macht es spannend. ☺
*Lio: Oder sie schreibt gerade eine meterlange Beschreibung des Hagels ☺
*Sana: Weder noch. Schaut mal hin, sie ist nicht mehr on.
*Lio: Oh stimmt ☹
*Sana: Ihre Hagelbeschreibung brauche ich allerdings nicht mehr. Der ist jetzt auch hier angekommen.
*Lio: Das merke ich auch :-o
Sorija stand auf und ging zum Fenster. Bei ihr war noch immer nichts zu sehen. Das wollte sie ihren Freunden gerade schreiben, als ihr auffiel, dass auch Sana und Lio nicht mehr online waren. In der Hoffnung, dass die drei gleich wieder auftauchen würden, starrte sie den Bildschirm an, bis ein lautes Krachen auf der Straße sie vom Stuhl riss und zurück zum Fenster zog. Jetzt wusste sie, wovon ihre Freunde gesprochen hatten. Der Hagel, der vom Himmel prasselte, war teilweise so groß wie Fußbälle. Ungläubig trat sie näher an die Fensterscheibe. Einer dieser Fußbälle hatte soeben in das Nachbarhaus eingeschlagen, und ihr Computer, die einzige Lichtquelle im Zimmer, ging wie auf Kommando aus. Die Straße versank in dichter Dunkelheit. Sorija wollte zu ihrer Familie ins Wohnzimmer, doch sie konnte sich nicht bewegen. Die Panik, die sie normalerweise in der Dunkelheit verspürte, war jetzt dreimal so groß. Jeder weitere Knall auf der Straße ließ sie zusammenzucken und drohte, ihren versteinerten Körper zu zersprengen. Ein besonders lauter Knall ließ sie an die Decke sehen, denn es bestand kein Zweifel, dass dieses Mal ihr Wohnhaus getroffen wurde.
Die Tür sprang auf und ihr Vater stürmte rein. »Alles okay bei dir?« Im nächsten Moment knallte es abermals, dieses Mal im Hausflur.
»WAS IST DAS?«, hörte sie Mirina aus dem Wohnzimmer kreischen.
»Kommt alle her!«, sagte ihr Vater und ging ins Wohnzimmer zurück. »Der Hagel ist zu stark, er zerstört das Haus. Hierzubleiben, wäre keine gute Idee.« Die Stimme ihres Vaters klang gepresst. Er war schon immer gut darin, in stressigen Situationen Ruhe zu bewahren, aber jetzt merkte Sorija ihm die Angst an. »Kommt, schnappt euch die wichtigsten Dinge, wir müssen hier raus.«
»Wo willst du denn hin? Wenn wir rausgehen, werden wir vom Hagel erschlagen. Er zerstört Häuser! Denkst du, wir überleben es, wenn uns einer dieser Brocken trifft?« Jetzt stand auch ihre Mutter in der Tür des Wohnzimmers. Ein weiterer Knall ertönte und Schutt kam von der Decke.
»Vergesst die Sachen, los kommt.« Er ging in den Flur und riss die Tür auf. »Wir gehen in den Keller. Wollen wir hoffen, dass die vielen Stockwerke uns vor dem Hagel schützen.«
»Was, wenn das Haus über uns einstürzt?« Ihre Mutter nahm Mirina an die Hand.
»Wir haben keine Wahl. In der Wohnung zu bleiben, kommt nicht in Frage, auch draußen sind wir nicht sicher. Wir müssen es mit dem Keller versuchen.«
In dem Moment riss sich Mirina los und war auf dem Weg in ihr Zimmer.
dann möchte ich auch mal die Möglichkeit nutzen, meine Dystopie hier vorzustellen.
Um den Link zu sehen, bitte Anmelden oder Registrieren
Sorijas Welt ändert sich von einem Tag auf den anderen. Ein zerstörerischer Hagelsturm wütet in Fella und sorgt dafür, dass die Senk, eine Gruppe gewaltbereiter Fella-Bürger, die Kontrolle übernehmen. Während Sorija um ihr Überleben kämpft, unterläuft ihr ein gravierender Fehler und sie hat nur einen Versuch, diesen Fehler wiedergutzumachen. Die Fähigkeit, zu unterscheiden wer Freund und wer Feind ist, wird überlebenswichtig.
Schnell wird klar: Die Senk bleiben dabei nicht ihre einzigen Feinde und die Liebe wartet nicht auf einen günstigen Zeitpunkt. Um ihr Ziel zu erreichen, muss Sorija die Rolle ihres Lebens spielen.
Spiel zum Buch mit spannenden Aufgaben, bei dem man am Ende eine XXL-Leseprobe erhält:
Um den Link zu sehen, bitte Anmelden oder Registrieren
Lesermeinungen zum Buch:
Um den Link zu sehen, bitte Anmelden oder Registrieren
Leserunde auf Lovelybooks.de
Um den Link zu sehen, bitte Anmelden oder Registrieren
Leseprobe:
Kapitel 1 - Der Tag des großen Unwetters
Der Wind zerrte wild an ihren langen, nussbraunen Haaren, während ein ungutes Gefühl sie zur Eile trieb. Sorija spürte, dass es dieses Mal anders war, ernster. Es waren aber nicht die vielen Unwetterwarnungen, die aus sämtlichen Fernsehern und Radios plärrten und auch nicht die Tatsache, dass die Geschäfte und Schulen in ganz Fella seit zwei Tagen geschlossen waren. Die Unwetter hatten Fella in den letzten Monaten regelmäßig außer Gefecht gesetzt. Zu Beginn war es noch etwas Erschreckendes und Besonderes gewesen, doch inzwischen hatten sich die Leute sogar irgendwie daran gewöhnt, sich für mehrere Tage in ihren Häusern zu verbarrikadieren. Mittlerweile hatten sie Tricks und Kniffe gefunden, um ihr Hab und Gut vor den Launen der Natur zu schützen, und gelernt, wann sie sich auf die Straße wagen durften und wann nicht.
Dass für den Abend wieder eine Unwetterwarnung ausgesprochen wurde, hatte Sorija nicht in Angst versetzt. Es war der Wind, der jeden ihrer Schritte unruhiger machte. Er zerrte an ihr, als würde er eine persönliche Rechnung begleichen und bäumte sich auf wie ein wildes Tier.
Einige Wissenschaftler suchten fieberhaft nach dem Grund für das seltsame Verhalten der Natur, andere rätselten nicht lange und sprachen das aus, was insgeheim alle dachten. Die Natur nahm Rache an der Menschheit. Oft genug hatte sie davor gewarnt sie auszubeuten, doch der Mensch nahm keine Rücksicht.
Sorija schob den Gedanken beiseite und begann zu rennen, als der Wind immer aggressiver wurde und sie mit einer unerwarteten Kraft nach Hause schob. Sobald ihr Wohnhaus endlich in Sichtweite kam, keimte Hoffnung in ihr auf, dass sie es schaffen könnte, ohne vom Wind niedergerungen zu werden. In den letzten Schritten beschleunigte sie ihr Tempo abermals und drückte die Tür zum Hausflur schließlich mit letzter Kraft zu.
»Ist das nicht ein scheußliches Wetter?« Krisa, die älteste Mieterin im Haus, grinste vom Treppenabsatz zu ihr herunter, als hätte sie sich nicht gerade über das Wetter beschwert, sondern ein süßes Kätzchen entdeckt. Nichts schien ihr die Laune verderben zu können. Die alte Dame hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, auf ihrem Klappstuhl sitzend, die Mieter im Hausflur zu begrüßen. Bei gutem Wetter saß sie auch direkt vor dem Wohnhaus, doch ihr Klappstuhl hatte schon lange keine Sonne mehr gesehen.
»Hallo, Krisa. Wie geht es dir?« Sorija richtete sich die zerzausten Haare und stieg die Treppe hoch. Sie hatte noch immer das Gefühl, vom Wind geschoben zu werden und musste sich am Geländer festhalten, um nicht zu stolpern. Ihre Beine mussten sich erst wieder daran gewöhnen, die Kontrolle zu haben.
»Ich würde ja gerne sagen, dass es mir gut geht, aber das wäre eine Lüge. Der Wind weint.« Sie hob den Finger, um Sorija auf das furchtbare Pfeifen aufmerksam zu machen. »Irgendetwas Schreckliches wird passieren.«
Dann ist der Wind aber eine ganz schöne Memme, weint in letzter Zeit ziemlich oft, dachte Sorija, sagte jedoch: »Mach dir nicht so viele Sorgen. Es ist sicher nur eine Phase.«
»Hoffen wir, dass deine Worte erhört werden.«
Sorija lächelte. »Bestimmt. Schönen Abend noch«, verabschiedete sie sich und stieg weiter die Treppen hinauf, bis zum dritten Stockwerk. Kaum hatte Sorija die Wohnungstür aufgeschlossen, stürmte ihre Mutter auf sie zu. »Gott sei Dank, wenigstens du bist schon wieder da.« Sie schloss Sorija in die Arme. »Ich hätte euch niemals losgeschickt, wenn ich geahnt hätte, dass es jetzt schon anfängt. Normalerweise beginnt es erst später am Abend.«
Sorija befreite sich aus der Umarmung. »Mach dir doch keine Sorgen. Es ist nur ein bisschen Wind.« Die Untertreibung fand sie selbst lächerlich, bemühte sich jedoch, es glaubhaft herüberzubringen. Ihre Mutter sollte sich nicht unnötig Sorgen machen, besonders da ihre Brüder scheinbar noch nicht zurück waren.
Ihre Mutter sah sie ernst an. »Nur ein bisschen Wind? Der ist so stark, dass er irgendetwas losreißen kann. Wenn das gegen deinen Kopf prallt, sagst du so etwas nicht mehr. Dann sagst du nämlich gar nichts mehr.«
»Hat er aber nicht. Kam mir eher vor, als wolle er mich unbedingt von der Straße haben, so wie der geschoben hat.«
Ihre Mutter biss die Zähne zusammen und begann ihre Hände zu kneten. »Wir erreichen deine Brüder nicht. Ich hoffe, sie sind klug genug, einfach zurückzukehren.« Ihr sorgenvoller Blick glitt zum Fenster. Der Wind schien sich dagegenzustemmen, nicht einmal er wollte bei dem Wetter draußen bleiben. Dann wandte sie sich wieder an Sorija. »Hast du die Batterien?«
»Wäre ja noch schöner, wenn ich den Weg umsonst gegangen wäre.« Grummelig drückte sie ihrer Mutter die Batterien in die Hände.
»Ich weiß, es war dumm, dich jetzt noch hinauszuschicken, aber wenn wir wieder einen Stromausfall haben, wirst du froh sein, dass wir Batterien für die Taschenlampen haben. Wer von uns hat denn am meisten Angst vor der Dunkelheit?«
»Ja, ja«, unterbrach Sorija sie hastig. Sie hasste es, wenn ihre Familie auf ihrer Angst vor der Dunkelheit herumritt, oder auf einer ihrer vielen anderen Ängste. »Es ist super, dass wir wieder welche haben, es wäre nur schöner gewesen, wenn wir daran gedacht hätten, sie im Laden zu kaufen, als die Geschäfte noch offen hatten. Das nächste Mal möchte ich keine Weltreise unternehmen, um bei deiner Freundin Batterien zu schnorren.«
»Das ist doch kein Schnorren, das ist ein Geben und Nehmen. Ich habe ihr erst vor zwei Wochen eine dieser stabilen Taschenlampen geschenkt. Sie hat sich sehr darüber gefreut, denn die waren überall ausverkauft. Nun sei nicht mehr so grummelig. Es tut uns wirklich sehr leid, aber wir haben nicht erwartet, dass es so früh anfängt. Das nächste Mal werden wir früher an solche Sachen denken, versprochen.«
Sorija ließ sich auf das Sofa fallen und schälte sich aus ihrer Jacke. »Es tut mir leid, ich weiß auch nicht, was heute mit mir los ist.« Sie sah, wie der Wind erbarmungslos Blätter und Dreck gegen die Fensterscheibe schleuderte. Die Unruhe hatte noch nicht von ihr abgelassen, im Gegenteil, sie wuchs mit jeder Minute. Irgendetwas war dieses Mal anders, selbst der Wind kam ihr panisch vor.
»Du bist so eine Memme«, meldete sich ihre kleine Schwester zu Wort. »Ich würde sehr gerne rausgehen, aber diese Tyrannen lassen mich ja nicht.«
»Mirina! Pass auf, wen du hier Tyrann nennst«, schalt ihr Vater sie. »Diese Tyrannen ernähren dich. Los kommt an den Tisch, das Essen ist fertig.«
»Es gibt Spaghetti. Die magst du doch, Miri«, verkündete ihre Mutter mit einer Engelsgeduld.
»Was willst du denn draußen?«, fragte Sorija genervt. Auf die Zickereien ihrer Schwester hatte sie eigentlich keine Lust, aber der Wunsch, bei diesem Wetter rauszugehen, war selbst für Mirina zu verrückt, so dass sie einfach nachfragen musste.
Die Familie versammelte sich am Tisch, doch zwei Plätze blieben leer.
»Nicht jeder ist so ein Schisser wie du. Es gibt auch Leute, die sich trauen mit Menschen zu reden, und dann bekommt man Freunde und die will man besuchen.«
»Mirina, es reicht! Bei deinem heutigen Benehmen dürftest du auch bei Sonnenschein nicht zu deiner Freundin und jetzt will ich keinen Ton mehr hören. Draußen ist es zu gefährlich, du bleibst hier! Jetzt iss endlich«, sagte ihr Vater in einem Ton, der keine Widerrede duldete.
Jeder normale Mensch hätte verstanden, dass es ein endgültiges Wort war, aber nicht Mirina. »Papi, bitte nur kurz. Solange es noch nicht schlimm ist.« Sie setzte ihren Hundeblick auf und sah dabei eher aus wie ein tollwütiges Kaninchen.
»Solange es noch nicht schlimm ist? Du hast doch mitbekommen, dass wir deine Brüder nicht erreichen können. Irgendetwas ist mit dem Handynetz und du hast gehört, dass Sorija fast nach Hause geweht wurde.«
»Sorija ist doch ein Angsthase. Man muss sie nur anpusten und schon glaubt sie, der Wind will sie verprügeln.«
Sorija öffnete den Mund, doch ihre Mutter kam ihr zuvor. »Mirina, es reicht! Ich weiß, dass du enttäuscht bist, aber lass deine Launen nicht an uns aus. Sorija war so mutig, rauszugehen und uns die Batterien für die Taschenlampen zu besorgen. Dafür solltest du ihr dankbar sein. Wegen ihr werden wir nicht im Dunklen sitzen.«
Die Worte schienen an Mirina abzuprallen. »Als sie losgegangen ist, war es noch nicht windig, sonst wäre sie hiergeblieben. Dabei ist gar nichts mutig.«
Ihre Mutter atmete tief durch und schaffte es tatsächlich, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. »Wenn es schon so windig gewesen wäre, hätten wir sie gar nicht losgeschickt. Dass sie nicht losgegangen wäre, glaube ich auch, aber das ist nichts, worüber du dich lustig machen solltest, denn es ist sehr vernünftig von ihr.« Sie jagte ihre Gabel in die Nudeln. »Jetzt iss endlich!«
Aus Protest schlürfte Mirina die Spaghetti in sich hinein und schmatzte genüsslich. Ihre Eltern taten so, als würde es ihnen nichts ausmachen, doch Sorija hätte der Zehnjährigen am liebsten die Spaghettischüssel auf den Kopf gekippt.
Verwöhntes Gör!
»Miri, wir backen nach dem Essen zusammen einen Kuchen, was hältst du davon?«, fragte ihre Mutter etwas versöhnlicher und Sorija dankte ihr innerlich. Backen war das Einzige, das Mirina zum Schweigen brachte.
Mirina verstummte einen Augenblick, bevor sie ihr Schmatz- und Schlürfkonzert in gestiegener Lautstärke fortsetzte. Resigniert schlang Sorija ihr Essen hinunter, um sich schnellstmöglich in ihr Zimmer zu verziehen.
Voller Vorfreude setzte sie sich an ihren Computer, denn sie hatte sehr wohl Freunde, nur wohnten sie zufällig in einem der anderen vier Sektoren, in die Fella unterteilt war. Mirina hatte keine Ahnung! Sorija konnte nichts dafür, dass sie niemanden in der Schule fand, der auf ihrer Wellenlänge war. Ihre Schüchternheit spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Sie war sich sicher, dass sie die Schüchternheit überwinden könnte, wenn es jemanden gäbe, der zu ihr passen würde.
Erleichtert stellte sie fest, dass alle drei online waren. Als ihr Vater sagte, dass etwas mit dem Handynetz nicht stimmte, hatte sie schon befürchtet, dass auch das Internet betroffen sein könnte, doch dies war offensichtlich nicht der Fall. Lix aus Sektor Vier und Lio und Sana aus Sektor Zwei schienen schon eine Weile miteinander zu schreiben. Sie mussten ja auch keine Batterien besorgen, dachte sie grimmig. Allerdings kannten auch die drei nur ein Thema: Das seltsame Wetter. Sorija begrüßte sie, verlor jedoch schnell das Interesse am Gespräch. Sie sehnte sich nach Ablenkung, traute sich aber nicht, ein anderes Thema vorzuschlagen, weil die drei sie sicher für unhöflich halten würden.
*Lio: Verdammt, seht mal aus dem Fenster.
Sie tat es und bereute es sofort. Der Himmel war pechschwarz, dabei war es noch gar nicht so spät. Zuvor war ihr nicht aufgefallen, wie dunkel es um sie herum geworden war. Es musste in den letzten Minuten geschehen sein.
*Lix: So einen Hagel habe ich im Leben noch nicht gesehen.
*Sana: Hagel?
*Lio: Wir haben hier in 2 keinen Hagel. Es ist nur dunkel und total windig.
*Sorija: Hier in 1 auch.
*Sana: Was ist denn mit dem Hagel?
*Lio: Das würde mich auch interessieren.
*Sorija: Lix macht es spannend. ☺
*Lio: Oder sie schreibt gerade eine meterlange Beschreibung des Hagels ☺
*Sana: Weder noch. Schaut mal hin, sie ist nicht mehr on.
*Lio: Oh stimmt ☹
*Sana: Ihre Hagelbeschreibung brauche ich allerdings nicht mehr. Der ist jetzt auch hier angekommen.
*Lio: Das merke ich auch :-o
Sorija stand auf und ging zum Fenster. Bei ihr war noch immer nichts zu sehen. Das wollte sie ihren Freunden gerade schreiben, als ihr auffiel, dass auch Sana und Lio nicht mehr online waren. In der Hoffnung, dass die drei gleich wieder auftauchen würden, starrte sie den Bildschirm an, bis ein lautes Krachen auf der Straße sie vom Stuhl riss und zurück zum Fenster zog. Jetzt wusste sie, wovon ihre Freunde gesprochen hatten. Der Hagel, der vom Himmel prasselte, war teilweise so groß wie Fußbälle. Ungläubig trat sie näher an die Fensterscheibe. Einer dieser Fußbälle hatte soeben in das Nachbarhaus eingeschlagen, und ihr Computer, die einzige Lichtquelle im Zimmer, ging wie auf Kommando aus. Die Straße versank in dichter Dunkelheit. Sorija wollte zu ihrer Familie ins Wohnzimmer, doch sie konnte sich nicht bewegen. Die Panik, die sie normalerweise in der Dunkelheit verspürte, war jetzt dreimal so groß. Jeder weitere Knall auf der Straße ließ sie zusammenzucken und drohte, ihren versteinerten Körper zu zersprengen. Ein besonders lauter Knall ließ sie an die Decke sehen, denn es bestand kein Zweifel, dass dieses Mal ihr Wohnhaus getroffen wurde.
Die Tür sprang auf und ihr Vater stürmte rein. »Alles okay bei dir?« Im nächsten Moment knallte es abermals, dieses Mal im Hausflur.
»WAS IST DAS?«, hörte sie Mirina aus dem Wohnzimmer kreischen.
»Kommt alle her!«, sagte ihr Vater und ging ins Wohnzimmer zurück. »Der Hagel ist zu stark, er zerstört das Haus. Hierzubleiben, wäre keine gute Idee.« Die Stimme ihres Vaters klang gepresst. Er war schon immer gut darin, in stressigen Situationen Ruhe zu bewahren, aber jetzt merkte Sorija ihm die Angst an. »Kommt, schnappt euch die wichtigsten Dinge, wir müssen hier raus.«
»Wo willst du denn hin? Wenn wir rausgehen, werden wir vom Hagel erschlagen. Er zerstört Häuser! Denkst du, wir überleben es, wenn uns einer dieser Brocken trifft?« Jetzt stand auch ihre Mutter in der Tür des Wohnzimmers. Ein weiterer Knall ertönte und Schutt kam von der Decke.
»Vergesst die Sachen, los kommt.« Er ging in den Flur und riss die Tür auf. »Wir gehen in den Keller. Wollen wir hoffen, dass die vielen Stockwerke uns vor dem Hagel schützen.«
»Was, wenn das Haus über uns einstürzt?« Ihre Mutter nahm Mirina an die Hand.
»Wir haben keine Wahl. In der Wohnung zu bleiben, kommt nicht in Frage, auch draußen sind wir nicht sicher. Wir müssen es mit dem Keller versuchen.«
In dem Moment riss sich Mirina los und war auf dem Weg in ihr Zimmer.