Martina Schein
Freizeit-Nerd-Grufti
Du verabscheust deinen Nachbarn? Du hast eine offene Rechnung mit deiner Exfrau? Du wünschst deinem Chef den Tod? Dann setze ihn auf unsere Liste und warte, ob die anderen User für ihn voten. Aber überlege es dir gut, denn manchmal werden Wünsche wahr …
Es ist der erste gemeinsame Fall von Kommissar Daniel Buchholz und seiner Kollegin Nina Salomon, und er führt sie auf die Spur des geheimnisvollen Internetforums «Morituri». Dort können die Mitglieder Kandidaten aufstellen und dann für sie abstimmen. Dem Gewinner winkt der Tod. Aber das Internet ist unendlich, die Nutzer schwer zu fassen. Nur der Tod ist ausgesprochen real, und er ist näher, als Buchholz und Salomon glauben …
Meine Gedanken zu diesem Buch:
Ein brisantes Thema schonungslos und sehr realitätsnah umgesetzt
Dieses Buch hat mich in mehr als nur einer Hinsicht gefesselt und in den Bann gezogen. Ein ums andere Mal habe ich ob ihrer Machtlosigkeit mit den Ermittlern mitgelitten. Dieses etwas-tun-wollen aber nichts-tun-können, weil sämtliche Anhaltspunkte fehlen, lässt mich auch als Leser nicht kalt und ich kann die Frustration der LKAler gut nachvollziehen.
Der Initiator gibt das Tempo vor und verwandelt Hamburg in eine Arena des alten Roms, ohne dass die Polizei etwas dagegen unternehmen kann. Das Morituri-Forum befindet sich im Darknet, die Nutzer bleiben ebenso wie der Schöpfer anonym. Durch zigfaches Spiegeln der Websites gelingt es auch nicht, das Forum vom Netz zu nehmen.
Die sensationslüsterne Presse macht den Ermittlern das Leben zusätzlich schwer.
Den stetigen Wechsel der Erzählperspektive jeweils als Ich-Erzähler - mal aus der Sicht der weiblichen, mal aus der Sicht des männlichen Protagonisten sowie der des Todesspiel-Initiators - haben die Autoren in meinen Augen sehr gut hinbekommen. Durch ihn bleibt das Buch beständig interessant und die Spannung auf einem hohen Niveau.
Die Gegenüberstellung der realen und virtuellen Welt trägt ebenfalls nicht unwesentlich zum Nervenkitzel bei.
Der Zündstoff des fiktiven Rahmens dieser Handlung lässt den Leser alles andere als kalt und vor allem auch an reale Ereignisse denken.
Die Charaktere nicht nur der Hauptakteure sind gut ausgearbeitet. Sie wirken lebendig und authentisch. Die beiden LKA-Protagonisten ergänzen sich trotz aller Unterschiedlichkeit - oder gerade deswegen - gut.
Die vermeintliche Anonymität im Internet wurde in diesem Thriller ebenso gut gut aufgegriffen und dargestellt wie die Gier der Menschen nach Sensationen und Blut. Dies natürlich nur, solange man nicht selbst betroffen ist. Hierbei spielt nicht nur die passive Teilhabe eine Rolle, wie bspw. bei Unfällen. In dem Forum hat man die Möglichkeit, aktiv zu werden und dazu beizutragen den jeweiligen »Gewinner des Mörderspiels« zu küren und somit selbst zum Mörder zu werden.
Einen großen Raum nimmt die Frage ein, wie man selbst reagieren würde, gäbe es ein solches Forum in unserem Leben. Würden wir uns entrüsten, den Schöpfer verteufeln oder uns nicht doch im Geheimen an dem Mordspiel aufgeilen und vielleicht sogar für den einen oder anderen voten? Was würdest Du tun?
Der Schreibstil ist flüssig; Stimmung und atmosphärisches Gefühl gelungen. Die kurzen Kapitel befeuern den Lesefluss zusätzlich.
Dieses Buch, hat mich nicht nur gefesselt und begeistert, sondern auch mehr als nur etwas nachdenklich zurückgelassen.