Krimi Inspector Lynley Serie von Elizabeth George

Martina Schein

Freizeit-Nerd-Grufti
Band 16 - Wer dem Tode geweiht


Durch die Krankheit meines Schatzes bin ich in letzter Zeit nicht so zum Schreiben gekommen, daher erst jetzt die Rezi zu diesem Buch, auch wenn ich es schon vor einiger Zeit gelesen habe. Die beiden nächsten folgen dann in Kürze.


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Inspector Lynley ist nach Wochen nicht wirklich zielgerichteten wochenlangen Wanderung in Cornwall endlich nach London zurückgekehrt und wird in Wer dem Tode geweiht gleich von Isabelle Ardery, die Webberlys Stelle als kommissarischer Superintendent übernommen hat, vereinnahmt - und das in jeder Beziehung. Vor allen Dingen will sie durch Lynleys Unterstützung ihren neuen Job festigen und hofft, bald dauerhaft als Superintendent agieren zu können.
Bedingt durch Probleme mit ihrem geschiedenen Mann und weil ihre Söhne bei ihm leben, sie sie auch nicht so häufig sehen kann, ist ihr bester Freund der Wodka. Für mich hat sie sich damit als Führungskraft bereits disqualifiziert.


Barbara Havers befiehlt sie eine neue Kleiderordnung sowie eine anständige Frisur. Okay, letzteres kann ich nachvollziehen. Aber nicht nur durch die Einmischung in ihr Privatleben, sondern auch mit Arderys Fehlentscheidungen, die bar jeden Instinktes sind, hat Havers so ihre Probleme. Und nicht nur deshalb ist sie wieder eine der interessantesten Handlungsträger in diesem Buch. Zunächst tut sie jedoch auch erst einmal brav, was die Acting Superintendent von ihr verlangt.
Generell zeichnet sich Ardery auch eher durch personelle Fehlentscheidungen Pannen bei der Fahndung, manipulieren von Fakten, um gut dazustehen und Gehorsamsverweigerung durch ihr Team, als durch Führungsstärke aus. Mal ganz davon abgesehen, dass ein Verhältnis mit einem Untergebenen (Lynley) auch nicht so das Gelbe vom Ei ist. Durch ihre Launenhaftigkeit macht sie sich natürlich auch nicht unbedingt Freunde.


Auf der anderen Seite gefällt mir natürlich, dass Lynley nach und nach aus seiner Apathie erwacht und wieder anfängt zu leben.
Dass er sich jedoch von Ardery für ihre anspruchsvollen Ziele widerspruchslos vor den Karren spannen lässt und sowohl ihre Unfähigkeit als auch die Alkoholsucht hinnimmt, wertet das Buch meiner Ansicht nach nicht nur gewaltig ab, ich halte es auch für alles andere als glaubhaft.
Die ganze Rolle von Inspector Lynley hat mir in dieser Geschichte auch nicht gefallen. Nicht nur, dass er in meinen Augen eine reine Nebenrolle spielt, auf mich hat er wie eine eher gleichgültige Marionette gewirkt und nicht wie ein erfahrener Kriminalbeamter - auch wenn man bedenkt, dass er durch den gewaltsamen Tod seiner Frau wohl nie mehr so sein wird wie vorher.


Lynley zu Ardery: »Ich bestreite nicht, dass Hillier als Vorgesetzter ein Albtraum ist und dass Deacon seine eigene Schwester an einen New Yorker Zuhälter verhökern würde, nur um die Met gut dastehen zu lassen.«
Hillier ist meiner Ansicht nach mehr als nur ein Albtraum, sondern bar jeglicher Führungsqualitäten und nur darauf bedacht, nach außen hin gut dazustehen.


Die Story ist wieder gut und sorgfältig konzipiert und zum Glück nicht wie die vorausgegangenen Bücher mit psychologischen Elementen überladen.
In den Hauptplot ist ein lang zurückliegendes Verbrechen von psychisch gestörten jungen Menschen eingearbeitet, deren Bedeutung einem erst im Laufe der Ermittlungen klar wird. Wie die beiden Handlungsstränge zusammengehören, habe ich auch erst nach einer Weile entdeckt. Nach und nach werden in dieser Geschichte die miteinander verkettenden Ereignisse entwirrt.


Die Charakter-, Lokal- und Sozialstudien sind wieder wie von Elizabeth George gewohnt, sorgfältig recherchiert, ausgearbeitet und beschrieben.
Alles in allem fand ich die Story durch die eher unglückliche Entwicklung der Hauptprotagonisten jedoch lediglich mittelmäßig.
 
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Martina Schein

Freizeit-Nerd-Grufti
Nun geht es Schlag auf Schlag. 😆


Band 17 - Glaube der Lüge


Wie bereits in Keiner werfe den ersten Stein, wird auch in Glaube der Lüge Inspector Lynley erneut von seinem obersten Boss Hillier dazu gedrängt, einen Fall auf Bitte eines einflussreichen Mannes (Bernard Fairclough) zu übernehmen.


Wie bei Elizabeth George üblich, gibt es wieder mehrere Handlungsstränge, die ganz geschickt miteinander verwoben sind. Der Plot in diesem Buch handelt von den unterschiedlichsten Beziehungen. Homo- und Hetero-Partnerschaften, Beziehungen unter Ehepaaren und Geschiedenen, Verbindungen zwischen Eltern und Kindern sowie Geschwistern. Und natürlich gibt es wieder sowohl relativ normale Protagonisten als auch solche, die man nur krank nennen kann. Bis auf wenige Ausnahmen fand ich die meisten Handlungsträger ziemlich bis sehr unsympathisch.


Auch wenn die Autorin in Sachen Recherche und Ausarbeitung wieder akribische Beschreibungen von Land und Leuten abgeliefert hat, fand ich das Buch insgesamt ziemlich langatmig und teilweise sehr zähflüssig. Ein Drittel weniger wäre in meinen Augen mehr gewesen. Wirkliche Spannung konnte ich keiner Stelle dieser Story zuschreiben. Der eigentliche Krimi - wenn man den Roman denn als solchen bezeichnen will - beginnt viel zu spät.
Auch der erst gegen Ende ersichtliche, eigentliche Grund, weshalb in diesem Fall überhaupt Ermittlungen eingeleitet worden sind, finde ich mehr als nur etwas konstruiert.


Die Dialoge zwischen den unterschiedlichen Paaren sind teilweise sehr tiefgründig aber auch hier hätte meiner Ansicht nach mehr Würze in der Kürze gelegen. Auf der anderen Seite gewinnt die Geschichte durch relativ kurze Kapitel und somit ständigem Szenenwechsel.


Zudem finde ich gewisse Stellen etwas widersprüchlich und unglaubwürdig. Dass die Vergewaltigung eines minderjährigen Mädchens von der Polizei mit den Worten abgetan wird, dass sie ohne Durchsuchungsbefehl nichts tun kann, halte ich auch unter Zuhilfenahme von ganz viel Fantasie für völlig an den Haaren herbeigezogen.


Lynleys seit dem letzten Band bestehende Farblosigkeit setzt sich in dieser Geschichte fort. Auch Havers erschien mir in dieser Story ziemlich blutleer und glänzte mir entschieden zu sehr durch Abwesenheit. Deborah finde ich erneut sehr nervtötend - hallo, viele Frauen können keine Kinder bekommen (ich habe auch kein Drama daraus gemacht) - die kleine Hadiyyah geht mir mit ihren Allüren mittlerweile ganz gewaltig auf den Geist und eine Chefin, die nicht akzeptiert, dass ihr Boss einen ihrer Mitarbeiter in dieser Sache zum Stillschweigen verdonnert hat, finde ich unmöglich.
Ebenso wie das letzte Buch kann ich auch dieses lediglich als mittelmäßig bezeichnen.
 

Martina Schein

Freizeit-Nerd-Grufti
Und das nächste Buch. Dieses war der dritte Streich. ☺




Band 18 - Nur eine böse Tat


Eigene Wege gehen ist das Eine, doch das Recht verbiegen und gar beugen geht als Polizist ja nun gar nicht. Genau dies hat Havers in Nur eine böse Tat mehr als nur ein Mal getan. Wenn man für eine Polizeibehörde arbeitet und dies auch weiterhin tun will, geht es ebenso wenig mit dem Kopf durch die Wand.
In diesem Buch erscheint mir die Rolle von DS Havers doch sehr an den Haaren herbeigezogen. Oftmals gleitet sie sogar ins Lächerliche ab. Freundschaft und Loyalität ist das eine, Recht und Gesetz sowie Behinderung von Ermittlungen das andere. Wäre ich ihre Chefin, hätte ich sie - bei den Klöpsen, die sie sich geleistet hat - achtkantig rausgeschmissen.


Dieser Passus aus dem Buch beschreibt Barbara Havers nahezu perfekt:

»Lynley wusste weder, ob es noch irgendetwas gab, was Barbara Havers würde retten können, noch ob er versuchen sollte, das Unausweichliche zu verhindern.
Im Grunde, sagte er sich, gehörte diese Frau nicht in den Polizeidienst. Sie konnte nicht mit Autorität umgehen. Sie war ein wandelndes Pulverfass. Sie hatte unmögliche Angewohnheiten. Sie verhielt sich häufig extrem unprofessionell und das nicht nur in Bezug auf ihre Kleidung. Sie besaß einen scharfen Verstand, den sie jedoch viel zu oft nicht benutzte. Und wenn sie ihn benutzte, geriet sie nicht selten auf Abwege. So wie jetzt.
Und dennoch. Wenn sie an einer Sache dran war, ließ sie nicht locker und zeigte bis zuletzt vollen Einsatz. Sie scheute sich nie, eine gegensätzliche Meinung zu vertreten, und sie stellte die Aussicht auf Beförderung nie über ihr Engagement in einem Fall. Sie konnte streitbar sein, und sie konnte sich in eine Theorie verbeißen wie ein Pitbull. Aber ihre Fähigkeit, sich mit Leuten anzulegen, mit denen man sich eigentlich nicht anlegte, hob sie von allen Kollegen ab, mit denen Lynley je zusammengearbeitet hatte. Sie kuschte vor niemandem. So eine Polizistin hatte man gern im Team.«



Dennoch hat mir dieses Buch im Gegensatz zu den beiden Vorbänden wieder gefallen. Lynley zeigt endlich mal wieder etwas mehr Farbe, wenn er auch noch ziemlich von Mr. Smart entfernt ist. Frauen gegenüber benimmt er sich häufig immer noch wie ein kleiner Junge, vor allem, wenn Gefühle eine Rolle spielen. Immerhin denkt er nicht mehr nur an Helen, sondern interessiert sich für Dinge (Flat Track Roller Derby), über die er früher nur den Kopf geschüttelt hätte und ist durchaus wieder offen für die Reize der Frauen, wenn ich auch bisher noch nicht nachvollziehen kann, was er an Daidre Trahair findet.
Havers ist in diesem Buch absolut in ihrem Element und lässt sich von Niemandem dabei aufhalten, ihren Freunden Azhar und Haddiyah zu helfen - und beugt dabei nicht nur einmal sämtliche Regeln und Gesetze. Ihre regelrechte Besessenheit, kann ich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen.


Die eigentliche Handlung gerät aufgrund Havers Einsatz für die Freunde zeitweise mehr und mehr in den Hintergrund, bis sie den Fall in alter Manier auf unkonventionelle Art mithilfe des italienischen Kommissars löst. Allerdings war mir nach etwa der Hälfte der Story die Auflösung des Falles klar.
Nicht nachvollziehen kann ich allerdings, dass sie sich dem Journalisten der Source dermaßen ausliefert und somit erpressbar macht.


Nach etwa drei Viertel der Geschichte war ich mir sicher, dass es das für Havers als Polizistin gewesen ist, doch der Schluss hat mich dann doch mehr als nur etwas überrascht. Aber okay, auf diese Weise wurde die Superintendent einen lästigen Mitarbeiter los und versicherte sich vielleicht in Zukunft der Loyalität von Barbara. Obwohl ich an Letzteres nicht so wirklich glaube.


Wie üblich war die Beschreibung von Land und Leuten wieder einsame Klasse, wenn ein wenig Straffung auch diesem Buch sicherlich nicht geschadet hätte.
Die Darstellungen der Protagonisten sind durchaus spannend und bieten wieder tiefe Einsichten in die jeweilige Psychologie der Handelnden, sei es nun der sympathische italienische Kommissar oder sein Landsmann, der Staatsanwalt, der in meinen Augen ein richtiger Mistkerl ist.
Der Versuch einer Veranschaulichung von Barbaras Motivation, vor allem dem Einblick in ihre tiefe persönliche Einsamkeit, hat Elisabeth George sehr gut ausgearbeitet.
 
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Martina Schein

Freizeit-Nerd-Grufti
Yepp, gibt es, buchpaule. Der neueste Band ist mir als Kaufbuch allerdings viel zu teuer. 25 Euro habe ich noch nie für ein belletristisches Buch ausgegeben - auch nicht in Papierform.


Ich hatte ihn in meiner Onleihe vorgemerkt und ihn statt erst im März - wie angekündigt - schon zwei Tage vor dem Jahreswechsel erhalten. Die vorzeitige Rückgabe ist wirklich klasse. Das eBook habe ich auch schon ausgelesen. Die Rezi erfolgt in Kürze an dieser Stelle.
 

Martina Schein

Freizeit-Nerd-Grufti
Bereits Anfang des Monats habe ich Band 19 gelesen - Bedenke, was Du tust.




Die umfangreichen Schilderungen der Haupt- und Nebenprotagonisten in Bedenke, was Du tust in den ersten gut 150 Seiten des Buches hätten meiner Ansicht nach wieder um mindestens ein Drittel gekürzt werden können.


Mit der Superintendent Isabelle Ardery kann ich mich immer noch nicht anfreunden. Diese Frau ist in meinen Augen alles Mögliche, nur keine Führungspersönlichkeit.


Derartiges geht meiner Ansicht nach für eine Führungskraft ja nun gar nicht.

Sie konnte sehr nachtragend sein, und auch wenn sie den Namen Detective Chief Superintendent Daniel Sheehan nicht ausgesprochen hatte, wusste er, weshalb sie ihn auflaufen lassen würde. Er hatte lediglich darum gebeten, eine zivile Schreibkraft mit dem Papierkram für DS Havers’ Durchsuchungsbeschluss beauftragen zu dürfen. Dass sie ihm das verwehrte, nur um ihm eins auszuwischen, machte ihn wütend.



Und dass Havers sich dermaßen brav gibt, kann ich auch nicht nachvollziehen. Ich würde mich lieber ans Ende der Welt versetzen lassen, als es dieser Alki auch nur in einer Hinsicht recht zu machen. Oder ich würde ihr den Krempel vor die Füße werfen.
Immerhin kommt zumindest dann und wann wieder die alter kämpferische Barbara zum Vorschein.


Absolut nicht nachvollziehen kann ich, weshalb Clare Caroline nicht achtkantig rausgeworfen hat. Sie hat sie ja im Gegenteil immer mehr in ihr Leben gelassen. Bereits nach der ersten beleidigenden Mail wäre sie die längste Zeit meine Angestellte gewesen. Dass die Alte nicht alle Tassen im Schrank hat und mindestens die Hälfte dessen, was sie erzählt, erstunken und erlogen ist, merkt doch ein Blinder mit Krückstock. Selbst als Studienobjekt wäre mir diese Frau entschieden zu anstrengend.
Auch dass Menschen mehr oder weniger freiwillig derartig die Kontrolle über ihr Leben abgeben, will mir nicht in den Kopf.
Aber okay, manche Leute sind halt um ihren Ruf besorgt und scheuen das Risiko einer Erpressung.


Carolines Charakter ist nicht nur etwas widersprüchlich, ich empfinde diese Frau als absolut unsympathisch und bis an die Unterkante Oberkiefer voll von Minderwertigkeitskomplexen, Neid und Missgunst.


Was Lynley an Deidre findet, kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen, aber die Geschmäcker sind nun mal individuell verschieden. Deidre ist für jemanden wie den Inspector in meinen Augen entschieden zu unabhängig.
Zudem wirkt Lynley auf mich irgendwie getrieben.

Er seufzte und blickte die Straße hinauf zu dem Haus, in dem Daidre wohnte. Er ließ die kurze Zeit, seit er mit ihr zusammen war, Revue passieren und fragte sich, ob er wirklich nur vor dieser Leere davonlief. Er wusste es einfach nicht. Er konnte sich nicht entscheiden. Er fühlte sich gelähmt und zugleich zum Handeln getrieben, so als müsste alles, was in seinem Leben wichtig war, in der nächsten Viertelstunde entschieden werden.



Sowohl bei Havers als auch bei Lynley habe ich das Gefühl, dass die beiden noch ein ganzes Stück von ihrer alten Form entfernt sind. Bei Barbara fehlt mir eindeutig die taffe, logisch denkende und schlagfertige Ermittlerin und Thomas ist nicht nur blass, sondern kommt geradezu käsig herüber.


Auch wenn mich die vielfältigen Wiederholungen teilweise genervt haben, gefällt mir dieser Band im Großen und Ganzen aber wieder entschieden besser als ein paar der letzten, mit denen ich mich nicht so wirklich anfreunden konnte.
 
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