Aus Verbrauchersicht ist der Konkurrenzkampf zwischen Amazon und der Tolino-Allianz natürlich das Beste, was passieren konnte. So sinken die Preise und die Innovationsfreude der Hersteller nimmt zu. Toll.
Aus meiner subjektiven Sicht heraus, bevorzuge ich den Kindle PW. Dies hat mehrere Gründe. Qualitativ sind die beiden großen Player Kindle PW und Tolino Shine ebenbürtig. Das zeigen die meisten Tests deutlich. Preislich gibt es ebenfalls kaum Unterschiede.
Warum also der Kindle PW für mich?
Da wäre zum einen, wenn auch weniger wichtig, der bekannte erstklassige Kundenservice von Amazon. Wie es da bei der Tolino-Allianz aussieht, muss sich noch zeigen. Aufgrund der dezentralen Struktur dürfte es dort aber eher schlechter aussehen.
Dann die Anzahl der Bücher. Amazons Ziel ist es, so die Aussagen des Unternehmens, irgend wann einmal alle auf der Welt verfügbaren Bücher im Angebot zu haben. Bis dahin wird es noch dauern, keine Frage. Dennoch ist der Umfang des Amazon-Angebots bis jetzt unschlagbar, insbesondere auch bei fremdsprachiger Literatur, die mir wichtig ist. Und da kann eben heute noch keine Tolino-Allianz mithalten. Ergänzt wird das Amazon-Angebot durch Eigenveröffentlichungen vieler Autoren. Und aufgrund der hohen Provision von bis zu 70 % für die Autoren und die weite weltweite Verbreitung des Kindle, ist eben auch auf diesem Gebiet das Angebot erstklassig und wird ständig erweitert. Auch hier zunächst bei der Tolino-Allianz Fehlanzeige.
Dann DRM. Für beide Plattformen gibt es auch DRM-freie Angebote, die allerdings eine kleine Minderheit darstellen. Ob DRM benutzt wird, legen die Autoren und Verlage fest, nicht Tolino, die beteiligten Buchhändler oder Amazon. Und die allermeisten nutzen nun mal DRM.
Amazon hat es geschafft, dass anders als bei MP3s, der Kunde von DRM nichts merkt. DRM im Musikbereich gibt es schon lange nicht mehr, weil es vom Kunden nie akzeptiert wurde, da es umständlich und hinderlich war. Lieber wich man auf Raubkopien aus. Daraufhin wurde DRM von nahezu allen Musikanbietern abgeschafft.
DRM im Buchbereich ist anders. Die beste Integration hat wieder einmal Amazon. Bücher werden in der Regel nur auf wenigen Geräten gelesen. Sechs Geräte lassen sich bei Amazon gleichzeitig freischalten. Auch ist das Kopieren bei Büchern weitaus weniger verbreitet als bei Musik. In der Folge merkt der Kunde praktisch nichts von DRM.
Das ist auch bei der Tolino-Allianz zunächst so. Allerdings handelt es sich da um ein Zusammenschluss verschiedener Anbieter und es droht - zumindest theoretisch - die Gefahr, das später beim Zerfall der Allianz es sehr wohl zu Problemen mit DRM kommen kann. Bei Amazon dagegen kommt alles aus einer Hand und das wird - vorbehaltlich einer Insolvenz - auch so bleiben. Das gibt dem Kunden eine größere Sicherheit.
Dazu kommt, dass auf dem Tolino grundsätzlich erstmal der Shop des jeweiligen Anbieters (z. B. Hugendubel) vorinstalliert ist. Das schränkt Auswahl und Interoperabilität weiter ein.
Und letztlich war es für mich auch eine politische Entscheidung: Die großen deutschen Anbieter der Tolino-Allianz stehen alle voll und ganz hinter der anachronistischen Buchpreisbindung. Kein Wunder, sichert es den Händlern doch den Absatz von gedruckten Büchern und hält die eBook-Preise hoch.
Sofern man seine Bücher auf dem Kindle bei amazon.de und nicht amazon.com kauft, greift natürlich auch dort die Buchpreisbindung für deutsche Bücher. Fremdsprachige Bücher sind davon ausgenommen und entsprechend fast immer deutlich günstiger - auch im Vergleich mit ihren gedruckten Ausgaben.
Jedoch war und ist Amazon immer schon ein großer Kritiker der Buchpreisbindung in Deutschland gewesen und bietet durch das Ausweichen auf amazon.com in vielen Fällen auch die Möglichkeit, diese zu umgehen. Insofern ist es mit auch ein Anliegen, Amazon beim Kampf gegen die Buchpreisbindung zu unterstützen und nicht denjenigen Geld zu schenken (also der Tolino-Allianz), die sich für die Buchpreisbindung einsetzen.
Fazit: 2013 Waren sowohl der Kindle PW als auch der Tolino sicherlich die Trendsetter schlechthin. Technisch weitestgehend ebenbürtig, haben für mich die Unternehmenspolitik, die Angebotsvielfalt und die Integration des Gesamtangebots den Ausschlag für den Kindle gegeben.