Die Erinnerungen des "Boss" an sein Leben habe ich nun durchgelesen. Bevor ich jetzt versuche zu erklären, was ich vielleicht gar nicht erklären kann, mag ich vorab feststellen, dass es mir wirklich außergewöhnlich gut gefallen hat.
Warum?
Ganz sicher nicht zuletzt, weil ich seine Musik schon immer mag und weil ich ihn als musikmachende Persönlichkeit schon immer zumindestens gut fand ohne viel mehr über ihn zu wissen, als das was man "eben so mitbekommt" wenn man sich ein wenig für die amerkikanische Rockn`Roll- , Rock- und Bluesmusik interessiert.
Und vielleicht auch, weil ich hin und wieder die Texte seiner Lieder wirklich gelesen und darüber nachgedacht habe.
Und doch gibt es sicher viele Musiker, die schöne Texte schreiben, mir als Menschen aber garnichts sagen würden.
So war es nicht ...
Ganz im Gegenteil. Wenn einer tatsächlich 50 Jahre Bühnenerfahrung als Frontmann einer Rockband mitbringt und wenn der dann auch noch mindestens 35 Jahre davon oben und wenistens 30 Jahre ganz oben verbracht hat, sich dabei nicht abgenutzt hat und am Ende immer noch eine Botschaft hat, dann hat so einer auch über sein Leben was zu erzählen.
Ojeh ... jetzt bin ich kurz vor der Schwafelschwelle ... egal.
Die Lektüre dieser 650-Seiten-Schwarte bringt einem in jedem Fall neben dem Musiker, Superstar und Bandfrontmann auch den Menschen Springsteen näher. Der den Willen hatte es ganz nach oben zu schaffen. Der die richtigen Leute um sich geschart hat. Der den Glauben an sich nicht verloren hat. Der nie eine musikalische Ausbildung hatte und der tatsächlich aus den sprichwörtlichen "ganz einfachen Verhältnissen" kam. Und der sein Leben lang mit seinen Dämonen gerungen hat. Der aber sicher auch davon profitierte, dass er im Gegensatz zu vielen, wenn nicht den meisten seiner Zeitgenossen eben nie drogen- oder alkoholabhängig war.
Natürlich ist er auf eine bestimmte Art ein Egomane, der immer das absolute Kommando während seiner Karriere hatte. Die Musiker seiner Band mussten sich ihm letztlich immer unterordnen. Daraus macht er keinen Hehl. Genauso wenig aus seinen psychischen Problemen, die in massiven Depressionen gipfelten.
Die Frage warum ausgerechnet Bruce Springsteen sich so lange an der Spitze halten konnte, beantwortet das Buch mit seinen Lebenserinnerungen auf mehrere Arten.
Vielleicht, weil er als Frontmann auf der Bühne außergewöhnlich charismatisch ist und nie den Kontakt zu seinem Publikum verloren hat.
Vielleicht, weil er mit seinen Songs immer Geschichten aus der Mitte des Lebens erzählen wollte und sich dabei vor keinem Thema gedrückt hat.
Vielleicht, weil er mit zunehmendem Alter auch immer politischer wurde und deswegen immer noch etwas zu sagen hatte.
Vielleicht, weil er die besondere Gabe hatte, eine Band um sich zu scharen, die ihm zwar ganz klar zu folgen hatte, die aber trotzdem aus engen Freunden bestand, die ihn fast sein ganzes Leben lang kennen.
Seine Sprache ist immer dann am schönsten und ausdrucksvollsten zu lesen, wenn er über seine Gefühle schreibt und darüber was ihm seine Musik, seine Lieder bedeutet haben.
Dabei wirkt seine Autobiographie sehr ehrlich, sehr reflektiert und kommt mit einer entwaffnenden Portion Selbstironie daher. Es gab Stellen in diesem Buch, die mich zu Tränen gerührt haben. Die Lieder, von denen er spricht "hervorzukramen" und dann vielleicht ganz anders zu hören, verleiht dem Lesen dieses Buches nochmal einen besonderen Zauber.
Und mein Springsteen-Bild musste ich nicht komplett revidieren, es wurde nur viel reicher. Ehrgeiz, Willen, Kreativität, aber eben auch Melancholie und Wehmut und tiefe Freundschaften prägten sein Leben. Ehrlichkeit und vor allem tiefe Dankbarkeit prägen seinen Blick zurück auf dieses Leben.
Danke Boss, dass Du das mit uns geteilt hast.
Gruß Peter
P.S.: keine Ahnung was ich jetzt lesen soll ... wirklich keine Ahnung.
Das erinnert mich ein bisschen daran, als ich 1988 vom Pink-Floyd Konzert in München nach Hause gefahren bin und die ganze Strecke (380 km) keine Musik hören konnte, weil es nichts gab was danach gegangen wäre ...